Demokratische Schulentwicklung
Demokratiebildung ist eine Aufgabe der gesamten Schulgemeinschaft. Sie muss auf allen Ebenen gestärkt und weiterentwickelt werden.
Deshalb ist zum 01.06.2021 in Niedersachsen der Erlass "Stärkung der Demokratiebildung an öffentlichen allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie Schulen in freier Trägerschaft" in Kraft getreten.
Im Kern geht es dabei um folgende Fragen:
- Wie können Kinder und Jugendlich durch die Schule dazu befähigt werden, ein Bewusstsein und eine Haltung als demokratische Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln?
- Wie können sie dazu motiviert werden, sich aktiv gestaltend an Schule und Gemeinwesen zu beteiligen?
Dies erfordert die Öffnung der Schule nach innen und nach außen. Deshalb stehen dabei nicht nur alle Unterrichtsfächer und Lernbereiche eine wichtige Rolle, sondern auch die Gremienarbeit, die Schulkultur und -organisation, die Personalentwicklung und die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnerinnen und Partnern. Schon durch die Teilnahme an Wettbewerben zum Thema Demokratie können Schulen neue Impulse bei der Verankerung und Stärkung der Demokratiebildung gewinnen.
Schulkultur
"Die Entwicklung einer partizipationsorientierten demokratischen Schulkultur kann durch eine Vielzahl abgestimmter Maßnahmen, wie z.B. durch die Einrichtung von Klassenräten, Schülerinnen-/ Schülerparlamenten, von Schülerinnen und Schülern selbstverwaltete Arbeitsgemeinschaften, Vollversammlungen, Projektlernen, die (Weiter-)Entwicklung einer Feedbackkultur oder die Stärkung von Peer-Learning, gefördert werden. Geeignet sind zudem pädagogische Ansätze, die in freieren Formaten Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit stärken. Hierzu können auch Angebote im Rahmen des Ganztags beitragen.'"
Prinzipien demokratischen Unterrichts
Zwischen 10 000 und 12 000 Stunden verbringen junge Menschen in Laufe ihres Lebens in der Schule, einen Großteil davon im Unterricht – das ist oft viel mehr als die mit den Eltern aktiv verbrachte Zeit. Entsprechend wichtig ist der Unterricht für eine demokratische Sozialisation. Hier können Kinder und Jugendliche wichtige Regeln für ein soziales, demokratisches Miteinander erlernen. Der Unterricht ist aber auch insofern prägend, als dass er einen Erfahrungsraum für Selbstwirksamkeit, Partizipation und Mitgestaltung bieten kann. Ob und inwiefern das geschieht, ist auch vom Verhältnis der jeweiligen Lehrkraft zu den Schülerinnen und Schülern abhängig - vom Umgang mit dem strukturell bedingten Machtgefälle bis zur Ausgestaltung des Autoritätsverhältnisses.
- den Aufbau einer echten, vertrauensvollen Beziehung zu den Schüler*innen
- einen schüler*innenorientierten, offenen Unterricht, der – an den Präkonzepten der Lerner*innen ansetzend – Denkprozesse anregt und es den Lernenden ermöglicht, Subjekte des eigenen Lernprozesses zu sein (z.B. durch eine Förderung des selbständigen, eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Lernens)
- einen professionellen Umgang mit Pluralität, der Unterschiedlichkeit als normal anerkennt und sensibel ist für Ausgrenzung und Diskriminierung, z.B. durch diskriminierungssensible Sprache
- den Mut und die Offenheit, auf Forderungen und Veränderungswünsche seitens der Schüler*innen konstruktiv einzugehen
- die Bereitschaft für Schüler*innen-Partizipation, auch mit Blick auf die inhaltliche, didaktische und methodische Gestaltung des Unterrichts
- eine reflektierte Ausgestaltung der eigenen Autorität sowie den Umgang mit Macht, z.B. durch eine kooperative Beurteilungs- und Bewertungskultur
- den Mut und die Fähigkeit, Forderungen und Veränderungswünschen ggü. den Lehrer*innen zu äußern und angemessen zu kommunizieren
- Feedbackkultur, z.B. durch Unterrichtsevalutation
- Verständnis und Akzeptanz für bestimmte Regeln sowie Prozesse der Regelsetzung, zugleich aber die Fähigkeit, Regeln / Prozesse der Regelsetzung zu hinterfragen
- einen angemessenen Umgang mit Pluralität, der von Kooperation und Wertschätzung geprägt ist, Unterschiedlichkeit als normal anerkennt und Eigen- und Fremdzuschreibungen kritisch reflektiert
- eine grundsätzliche Sensibilität für Ausgrenzung und Diskriminierung aufgrund von Vorurteilen, Stereotypen oder Abwertungsideologien
- die Einhaltung der vereinbarten Umgangsformen
- eine konstruktive Streit- und Diskussionskultur beim Aushandeln von Meinungsverschiedenheiten und Interessensgegensätzen, u.a. durch die Orientierung an demokratischen Werten sowie das Erlernen demokratischer Gesprächs- und Verfahrensregeln
- gewaltlose Konfliktlösung
- eigenverantwortliches Handeln, Verantwortungsübernahme in verschiedenen Bereichen
Bezugsfächer demokratischer Bildung
Zur Förderung demokratischer Bildung im Sinne einer partizipativen Schulkultur bedarf es der Zusammenarbeit über Fächergrenzen hinaus.
Die fachwissenschaftlichen Bezüge sind von zentraler Bedeutung für das Verständnis der Komplexität der Wirkungszusammenhänge und Konsequenzen für unser gesellschaftliches Zusammenleben sowie die individuelle Lebensgestaltung und deren Beurteilung. Im Unterricht sollten Schülerinnen und Schüler über einen Erkenntnisgewinn und eine kritisch-reflexive Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex hinaus die Möglichkeit zu Selbstwirksamkeitserfahrungen bekommen. Dazu bieten sich offene Unterrichtsformate wie das Projektlernen an. Die Sicherstellung der curricularen Bezüge obliegt der Arbeit in den Fachbereichsleitungen und der Entwicklung schulinterner Arbeitspläne.