Tipps für den Unterricht in sicherer und nachhaltiger Mobilität
Wichtig ist es, die Teilhabe eines jeden Kindes im Unterricht zu ermöglichen und es in die Lage zu versetzen, individuelle Fortschritte machen zu können. Denn Inklusion bedeutet ja nicht, dass jede Person das Gleiche mit gleichen Mitteln macht, sondern dass alle im Miteinander so gefördert werden, wie es ihren Möglichkeiten entspricht.
Dokumentieren Sie bei zieldifferentem Unterricht (Förderschwerpunkte Lernen und Geistige Entwicklung) die individuellen Lernziele im Förderplan und stimmen Sie diese mit den Erziehungsberechtigten und ggf. Therapeutinnen und Therapeuten ab. So können unterschiedliche Lernsituationen für das Kind ähnlich gestaltet und Synergien genutzt werden. Dies können z.B. Teilziele der allgemeinen Lernziele sein, wie Orientierung im Raum/in einer Verkehrssituation, Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer, bewusstes Bremsen, Förderung der Koordination, Abbau bestimmter Ängste u.ä.
Große Ängste seitens der Erziehungsberechtigten hinsichtlich des eigenständigen Mobilitätsverhalten der Kinder können oft durch die großen Fortschritte der Kinder, die auch auf privaten Wegen sichtbar werden, ausgeräumt werden.
Bei zielgleichem Unterricht kann ein Nachteilsausgleich gewährt werden, der in einer Klassenkonferenz (auch Zeugniskonferenz) abgestimmt und im Förderplan dokumentiert wird.
Inhalte reduzieren und vereinfacht thematisieren. Z.B.: Farbsymbolik bei Verkehrsschildern erläutern, nur die nötigsten Schilder auswählen.
Vorläuferfähigkeiten in den Bereichen Wahrnehmung, Motorik, Sprache berücksichtigen und ggf. trainieren.
Bei manchen Förderbedarfen (z.B. Geistige Entwicklung, Sehen) kann je nach Schwere der Beeinträchtigung keine eigenständige Verkehrssicherheit erreicht werden. Das gilt es bei Unterrichtsgängen zu beachten. Bei Treffen der Klasse an außerschulischen Lernorten (z.B. Theater, Einrichtung zur Berufsorientierung etc.) muss die Bewältigung des Weges für solche stark eingeschränkten Schülerinnen und Schüler sichergestellt werden (Gruppenfahrt, Elternbegleitung, Schulbegleitung u.ä.)
- Auf Situationen im Verkehrsraum zunächst im Klassenraum aufmerksam machen (durch Realgegenstände, Filme, Spielerische Handlungen)
- Fotos von Übungssituationen machen und diese als realitätsnahe Übungsmaterialien nutzen (Z.B. Memory erstellen von Verkehrsschild und seinem Kontext oder mit Fotos die Reihenfolge von Wegmarken oder Haltestellen ordnen etc.)
- Schülerinnen und Schüler im Vorhinein auf mögliche Barrieren einstimmen und Bewältigungsmöglichkeiten erörtern.
- Schülerinnen und Schüler aus anderen Herkunftsländern kennen möglicherweise bereits Linksverkehr. Hier muss auf die Anforderungen des Rechtsverkehrs umtrainiert werden.
Fachbergriffe vorher einführen/visualisieren (Piktogramme), damit das Kind in der Übungssituation das nötige Sprachverständnis hat, um adäquat und sicher reagieren zu können. (Begriffe aus dem Verkehrsraum wie „Fußweg“, „Bordstein“, „Fußgänger“ „Passanten“ etc. sind Kindern oft unbekannt.)
Start /Stopp-Anweisungen sowie Hinweise für das Sammeln der Gruppe für Unterrichtsgänge können vorher spielerisch auf dem Schulhof oder der in der Turnhalle geübt werden.
- Kleinschrittiges, wiederholendes Üben innerhalb des Schonraumes anbieten. Gleichbleibendes Setting über mehrere Übungseinheiten beibehalten und dann vorsichtig variieren und die Anforderungen steigern.
- Kleinschrittiges, wiederholendes Üben innerhalb des realen Verkehrsraumes anbieten, die möglichst mit lebensbedeutsamen Zielen verknüpft werden (Einkauf beim Bäcker/im Supermarkt, Wege zu Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel.
Radfahrprüfung: Fahrzeugauswahl bei der Gruppenprüfung anpassen: Übungen zur Verkehrssicherheit können mit dem eigenen Rollstuhl, einem Kettcar oder Roller, dreirädrigen Fahrrädern, Tandems, Handybikes oder Rollstuhlfahrrädern durchgeführt werden. (Dreirädrige Fahrräder: Verordnung durch den Arzt, Finanzierung über die Krankenkasse des Kindes, weitere Spezialräder: Zusammenarbeit mit den entsprechenden Förderschulen, Vereinen oder Spezialgeschäften).
Darauf achten, dass Kinder möglichst nicht allein in eine Sonderrolle kommen. Man kann z.B. Tandems mit leistungsstarken Kindern bilden, die im Parcours mit demselben Alternativ-Fahrzeug wie Roller oder Kettcar vorausfahren. Oder weitere Kinder nutzen einen Rollstuhl als Selbsterfahrung.
- Kettcar-/ Roller-Prüfung anbieten
- Rollstuhl-Prüfung für Rollstuhl-Nutzerinnen und -nutzer (Rücksichtnahme auf andere Fußgänger, Querung von Straßen (Überwindung des Bordsteins), Fahren auf abschüssigen Fußwegen etc.
Für den Unterricht in inklusiven Schulen mit wenig Rollstuhlnutzerinnen und -nutzern ist es günstig, auch einmal die ganze Klasse das Fahren mit Rollstühlen ausprobieren zu lassen. Dies kann mit sportlichen Aufgaben wie dem Zurücklegen bestimmter Strecken auf Zeit oder einem Ballspiel kombiniert werden.
Neben dem Bewältigen von Wegen zu Fuß, ist die Nutzung des ÖPNV für viele Schülerinnen und Schüler mit diversen Handicaps am ehesten eingeständig und sicher möglich. Dies gilt auch für die eigenständige Bewältigung des Schulweges.
Schwierigkeiten ergeben sich oft aus großen Einzugsgebieten von Schulen, wo evtl. nicht genug aufeinander abgestimmte ÖPNV-Angebote vorhanden sind. Wegen der Bedeutsamkeit dieses Trainings sollten aber auch Möglichkeiten im Nahbereich der Schule genutzt werden, um an die ÖPNV Nutzung heranzuführen.
Bei Unterricht an außerschulischen Lernstandorten und bei Ausflügen sowie auf Klassenfahrten muss ggf. berücksichtigt werden, dass geeignete Toiletten/Pflegemöglichkeiten aufgesucht werden können. Schülerinnen und Schüler die eine Pflege im Liegen benötigen, profitieren von den „Toiletten für alle“ (https://www.toiletten-fuer-alle.de/). Leider sind diese erst im Aufbau und erst an wenigen Orten verfügbar.
Bei Klassenfahrten kann für pflegebedürftige bzw. chronisch kranke Schülerinnen und Schüler im Vorhinein ein lokaler Pflegedienst organisiert werden.
Zu empfehlen ist die Website der Deutschen Verkehrswacht mit ausführlichen Hinweisen zu allen Bereichen der Mobilität mit Handicap.