FAQs Rechtsanspruch
Hintergrundinformationen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter in Niedersachsen
Allgemeines zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter
Der Bundestag und der Bundesrat haben die stufenweise Einführung eines bundesweiten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung ab dem Schuljahr 2026/2027 beschlossen. So haben ab August 2026 alle Schülerinnen und Schüler der ersten Klassenstufe einen Anspruch auf ganztägige Betreuung. In den darauffolgenden Jahren wird der Rechtsanspruch aufsteigend für die Klassenstufen 2 bis 4 erweitert, so dass ab dem Schuljahr 2029/2030 allen Schülerinnen und Schülern im Grundschulalter eine Ganztagsbetreuung zusteht.
Nach einer Änderung des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 42 des Gesetzes vom 20. August 2021 (BGBl. I S. 3932) geändert worden ist, wird der Rechtsanspruch in § 24 Abs. 4 des SGB VIII verankert.
Der Rechtsanspruch richtet sich gegen die öffentlichen Träger der Jugendhilfe.
Ein Kind, das im Schuljahr 2026/2027 oder in den folgenden Schuljahren die erste Klassenstufe besucht, hat ab dem Schuleintritt bis zum Beginn der fünften Klassenstufe einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung in einer Tageseinrichtung. Der Anspruch des Kindes auf Förderung in Tageseinrichtungen gilt im zeitlichen Umfang des Unterrichts sowie der Angebote der Ganztagsgrundschulen, einschließlich der offenen Ganztagsgrundschulen, als erfüllt.
Der Rechtsanspruch besteht an fünf Werktagen pro Woche im Umfang von acht Stunden täglich.
Investitionsprogramme und Finanzhilfen des Bundes
Der Bund unterstützt den Ausbau mit Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote.
Das sog. Beschleunigungsprogramm ist abgeschlossen - es können keine Anträge mehr gestellt werden. Im Jahr 2021 erhielt Niedersachsen von den zur Verfügung stehenden Mitteln in Höhe von insgesamt 750 Mio. Euro rund 70,6 Mio. Euro nach Königsteiner Schlüssel. Viele Schulträger nutzten das Angebot und erhielten Zuwendungen für vielfältige Investitionen bzw. den Ausbau von Ganztagsgrundschulen und die Schaffung von zusätzlichen Betreuungsplätzen sowie der qualitativen Verbesserung eines bedarfsgerechten Ganztagsangebotes.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter (Investitionsprogramm Ganztag) gewährt der Bund den Ländern Finanzhilfen aus einem Sondervermögen in Höhe von insgesamt 2,75 Mrd. Euro. Niedersachsen erhält nach Königsteiner Schlüssel rund 258 Mio. Euro. Diese Mittel erhöhen sich für Niedersachsen voraussichtlich um die nicht verausgabten Mittel aus dem vorangegangenen Beschleunigungsprogramm auf insgesamt rund 278 Mio. Euro.
a. Ist die Verwaltungsvereinbarung inzwischen in Kraft getreten?
Die Verwaltungsvereinbarung ist am 19.05.2023 in Kraft getreten. Die Verwaltungsvereinbarung kann unter folgendem Link abgerufen werden: https://www.recht-auf-ganztag.de/gb/3-milliarden-euro-finanzhilfen-fuer-investitionen-in-grundschulen--225452
b. Wie sieht das niedersächsische Zuwendungsverfahren aus?
Einzelheiten werden durch eine niedersächsische Förderrichtlinie geregelt, die derzeit abgestimmt wird. Eine Veröffentlichung ist im 4. Quartal 2023 geplant.
c. Wer übernimmt den seitens des Ganztagsfinanzhilfegesetzes (GaFinHG) vorgesehenen Kofinanzierungsanteil?
Das Ganztagsfinanzhilfegesetz (GaFinHG) sieht vor, dass sich die Länder bzw. Kommunen mit mindestens 30 % am Gesamtvolumen des öffentlichen Finanzierungsanteils beteiligen. Das Land Niedersachsen übernimmt den hälftigen Kofinanzierungsanteil und stellt dafür in den Jahren 2024 bis 2027 Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt rund 55 Mio. Euro zur Unterstützung der Kommunen bei den Investitionskosten zur Verfügung. Die zweite Hälfte des Kofinanzierungsanteils ist durch die jeweilige Kommune zu erbringen.
d. Wird es einen vorzeitigen Maßnahmebeginn geben?
Um die Kommunen bei den Um- und Neubaumaßnahmen sowie bei möglichen Investitionsvorhaben entsprechend zu unterstützen, beabsichtigt das Land die in der Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter (Investitionsprogramm Ganztag) aufgeführte Ermöglichung eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns in das niedersächsische Zuwendungsverfahren zu übernehmen. Demnach wären ab dem Inkrafttreten des Ganztagsfinanzhilfegesetzes (GaFinHG), d. h. ab 12. Oktober 2021 begonnene Maßnahmen förderfähig, sofern sie zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht abgeschlossen sind und diese den Zuwendungszweck erfüllen.
Auf der Grundlage von Artikel 4 des Ganztagsförderungsgesetzes (GaFöG) stellt der Bund den Ländern Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs bzw. zum Ausgleich der laufenden Belastungen ab dem Jahr 2026 zur Verfügung.
a. In welcher Höhe stellt der Bund Mittel für Betriebskosten zur Verfügung?
Der Bund stellt ab dem Jahr 2026 aufsteigend Mittel zum anteiligen Ausgleich für laufende Belastungen der Länder zur Verfügung. Ab dem Jahr 2030 handelt es sich um jährlich 1,3 Mrd. Euro. Einzelheiten regelt Artikel 4 des Ganztagsförderungsgesetzes (GaFöG).
b. Erhalten die Kommunen einen Anteil dieser Mittel?
Das Land wird jährlich 10 % der seitens des Bundes ab dem Jahr 2026 zur Verfügung stehenden Mittel zum Ausgleich der laufenden Belastungen an die Kommunen weiterreichen – dies entspricht ab dem Jahr 2030 jährlich voraussichtlich rund 12 Mio. Euro.
Auswirkungen auf die Ganztagsgrundschullandschaft in Niedersachsen
Das Land Niedersachsen hat sich mit den Kommunalen Spitzenverbänden darauf verständigt, dass während der Schulöffnungszeiten der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter in den Ganztagsgrundschulen umgesetzt werden kann. Unberührt bleibt dabei die letztendliche Entscheidung der Schulträger, an welchen Schulen der Rechtsanspruch umgesetzt wird und ob Hortangebote beibehalten werden. Das Land wird die Ganztagsgrundschulen entsprechend des Bedarfes vor Ort personell ausstatten.
Die Schulträger entscheiden auch zukünftig über die Einrichtung von Ganztagsgrundschulen. Niedersachsen wird als Ganztagsschulland den Fokus weiterhin auf den Ausbau des Ganztagsschulsystems legen und die Kommunen entsprechend unterstützen.
Das Land stellt die personellen Ressourcen für die Ausgestaltung der Ganztagsgrundschulen bedarfsgerecht, d. h. auf der Grundlage der am Ganztagsbetrieb teilnehmenden Schülerinnen und Schüler, zur Verfügung. Aktuell stellt das Land finanzielle Mittel in Höhe von rund 134 Mio. Euro jährlich bereit (Sicherstellung der Verlässlichkeit + außerunterrichtliche Angebote). Durch den steigenden Personalbedarf geht das Land derzeit ab dem Schuljahr 2029/2030 von Kosten in Höhe von ca. 254 Mio. Euro jährlich aus.
Horte sind in der Regel Einrichtungen der Jugendhilfe; hier betreut pädagogisches Personal die Schülerinnen und Schüler außerhalb der Unterrichtszeiten.
Grundschulen liegen in der Zuständigkeit der öffentlichen oder freien Schulträger. In Niedersachsen werden je nach gewählter Organisationsform in den Ganztagsgrundschulen neben dem Unterricht nach Stundentafel außerunterrichtliche Angebote vorgehalten, die eine pädagogische und organisatorische Einheit mit dem Unterricht bilden sollen.
Hortangebote können auch im Zuge der Einführung des Rechtsanspruchs ab dem Schuljahr 2026/2027 weiter bestehen bleiben. Die letztendliche Entscheidung über die Fortführung der Hortangebote obliegt den zuständigen Trägern.
Die Teilnahme an den außerunterrichtlichen Angeboten einer Ganztagsgrundschule ist kostenfrei; dies gilt nicht für das Mittagessen.
Für die Organisation, Bereitstellung und Ausgabe des Mittagessens ist der Schulträger zuständig. Die Zuständigkeit und die Kostentragungspflicht ergeben sich aus den §§ 112 und 113 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG). Es besteht keine grundsätzliche Pflicht für die Kommunen, eine Mensa zu bauen bzw. einzurichten – alternative Lösungen hinsichtlich der Mittagessenversorgung finden bereits jetzt erfolgreich Anwendung. Es sind dabei die hygienerechtlichen Vorschriften zu beachten. Die Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) bieten bei Fragen eine kostenlose Beratung und Unterstützung an.
Die Organisation und Nutzung der Räume zur Ausgestaltung der außerunterrichtlichen Angebote wird in einem pädagogischen Konzept festgelegt. Dabei werden seitens des Nds. Kultusministeriums keine expliziten Vorgaben gemacht; die Raumnutzung ist von der Art des Angebotes, der Gruppengröße und somit von den organisatorischen, personellen und sächlichen Voraussetzungen vor Ort abhängig.
Die Organisation, Planung und Evaluation der Ganztagsangebote obliegen der jeweiligen Schulleitung. Der dazugehörige Runderlass „Die Arbeit in der Ganztagsschule“ bietet durch den rechtlichen Rahmen eine Orientierung bei der Umsetzung.
Auch in Zukunft werden die unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten im Flächenland Niedersachsen berücksichtigt und eine flexible Ausgestaltung ermöglicht.
Darüber hinaus stehen die Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) hinsichtlich einer Beratung und Unterstützung vor Ort zur Verfügung.
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Für die Umsetzung des Rechtsanspruchs in den Ganztagsgrundschulen gelten die Vorgaben des Niedersächsischen Schulgesetzes (NschG) sowie die dazugehörigen Runderlasse, darunter vornehmlich der Runderlass „Die Arbeit in der Ganztagsschule“ und die darin aufgeführten Qualitätsmerkmale.
Darüber hinaus soll in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren der Ganztagsschule ein Orientierungsrahmen entwickelt werden – hierbei geht es darum, die zukünftige Ausgestaltung der Ganztagsschule sukzessive weiterzuentwickeln. Dabei sollen jedoch keine unrealistischen Standards geschaffen werden, die in der aktuellen Situation bspw. aufgrund des Fachkräftemangels nicht umsetzbar sind.
Ergänzend ist Niedersachsen auch in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität im Ganztag für Grundschulkinder vertreten.
Die Umsetzung des Rechtsanspruchs ab dem Schuljahr 2026/2027 wird keine zusätzlichen Einschränkungen bezüglich der bisherigen Vertragsabschlussmodalitäten für Schulen und Kooperationspartnerinnen und -partner mit sich bringen. Dies gilt auch für den Abschluss trilateraler Verträge.
Niedersachsen setzt auch zukünftig auf eine multiprofessionelle Ausgestaltung der Ganztagsschule. Dabei ist die Kooperation mit außerschulischen Partnerinnen und Partnern eine Bereicherung und sichert die Vielfalt der außerunterrichtlichen Angebote. Der verlängerte Schultag einer Ganztagsschule bietet zahlreiche Möglichkeiten für vielfältige außerunterrichtliche Angebote, die Interessen, Neigungen und Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen aufgreifen und sie unterrichtsbezogen fördern und fordern.
Die Schulleitung entscheidet über den Einsatz von lehrendem und nichtlehrendem Personal im Zusammenhang mit den außerunterrichtlichen Angeboten der Ganztagsschule sowie über die Einbindung von Kooperationspartnerinnen und -partnern.
Aktuell gibt es bereits die Möglichkeit, dass lehrendes und nichtlehrendes Personal der Schule an verschiedenen Fort- und Weiterbildungsangeboten des Landes teilnehmen kann. Im Zuge des Rechtsanspruchs ist das Land bestrebt das Angebot unter Beteiligung von weiteren Anbieterinnen und Anbietern deutlich auszuweiten.
Die Ferienbetreuung wird nicht von der Ganztagsgrundschule angeboten, sondern liegt in der Verantwortung der öffentlichen Träger der Jugendhilfe.
Die Beförderung der Schülerinnen und Schüler ist eine originäre Aufgabe der Träger der Schülerbeförderung.