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Beurteilung der Arbeitsbedingungen: Psychische Faktoren

Dass die Psyche eine wichtige Rolle bei der Gesundheit im Beruf spielt, ist heute unbestritten. Wie groß ist der Zeitdruck? Kann ohne störende Unterbrechungen gearbeitet werden? Wie viel Rückhalt geben Vorgesetzte? Rahmenbedingungen wie diese wirken sich auf die einzelnen Beschäftigten aus: Sie fördern deren Wohlbefinden, sie können aber auch die Gesundheit gefährden.
Gemäß § 4 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ist jeder Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Arbeit aller Arbeitnehmenden deren Gesundheit nicht gefährdet. Diese Arbeitgeberpflichten sind im Schulkontext den Leitungen der Schulen und Studienseminare per Runderlass übertragen. 

Die Dienststellenleitungen haben für Ihre Beschäftigten entsprechend eine Ermittlung der mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen vorzunehmen und auf diese Weise zu eruieren, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich und umzusetzen sind (§ 5 ArbSchG). Dabei sind für eine umfassende Beurteilung der Arbeitsbedingungen, auch bekannt unter dem Begriff Gefährdungsbeurteilung, neben technischen Gefährdungen auch solche durch psychische Belastung bei der Arbeit zu berücksichtigen (§ 5 (3) ArbSchG). Die Gefährdungsbeurteilung ist eine Methode zur systematischen Ermittlung und Bewertung aller Gefährdungen, denen Beschäftigte an Schulen im Zuge ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind. Das Ziel einer Gefährdungsbeurteilung besteht darin, Gefährdungen bei der Arbeit zu beschreiben und diesen präventiv, d. h. noch bevor Gesundheitsschäden auftreten, mit geeigneten Maßnahmen entgegenzuwirken.
 

Weitere Informationen zur Gefährdungsbeurteilung

Die Erfassung der psychischen Belastungen (siehe Erhebungsmethoden) stellt nur den Auftakt für den Prozess der Beurteilung der Arbeitsbedingungen dar. Anschließend werden die Gefährdungen beurteilt. Möglich sind an dieser Stelle Besprechungen in Gremien (wie z. B. dem Arbeitsschutzausschuss) zu den Ergebnissen und dem weiteren Vorgehen. Bei der anschließenden Rückmeldung der Ergebnisse im Kollegium kann unter Umständen auch eine Priorisierung relevanter Problembereiche stattfinden. Am Ende dieses Prozessschrittes stehen identifizierte Ressourcen und Belastungen, mit denen dann weitergearbeitet wird.
Ein zentrales Element der Gefährdungsbeurteilung ist die Ableitung und Umsetzung von (Arbeitsschutz-) Maßnahmen. Die Ableitung von Maßnahmen sowie die Begleitung der Umsetzung kann in vorhandenen (z. B. ASA) oder dafür geschaffenen Gremien (z. B. Steuergruppe) oder auch im Rahmen eines SchiLF-Tages unter Beteiligung aller Kolleginnen und Kollegen stattfinden. Einige Zeit nach der Maßnahmenimplementierung in den Schulalltag soll dann überprüft werden, ob die Veränderungen den gewünschten Effekt hatten (Wirksamkeitskontrolle) oder nachgesteuert werden muss.
 

Entgegen der Vorgehensweise zur Erhebung technischer Gefährdungen braucht es bei der Ermittlung psychischer Belastungen in der Regel die Einschätzung der Beschäftigten. Dieses ist grundsätzlich über fragenbogengestützte Verfahren oder Workshops möglich. Zur Erhebung psychischer Belastungen im Schulkontext liegen sowohl Fragebögen- als auch Workshopmethoden vor, wobei eine bestmögliche Passung zwischen Gegebenheiten der Schule (z. B. Größe des Kollegiums) und der verwendeten Methode angestrebt wird. Ihre zuständige Arbeitspsychologin berät Sie dazu gern und unterstützt bei der Umsetzung.

GAPS

  • Fragebogeninstrument “Gefährdungsscreening allgemeine psychosoziale Schulsituation (GAPS)”
  • Screeningverfahren für den ersten Überblick (kurzer, überschaubarer Fragebogen)
  • Ergebnisse geben Hinweise, in welchen Bereichen ggf. psychosoziale Gefährdungen an der Schule vorliegen
  • Begleitung und/oder anschließende Beratung durch die Arbeitspsychologie wird empfohlen
     

BUGIS R-2019

  • Fragebogeninstrument “Beurteilung der Gefährdungen in Schulen”
  • Geeignet für Kollegien ab etwa 20 Lehrkräften/Landesbediensteten
  • Standardisierter Fragebogen mit 87 Items
  • Prozessbegleitung durch AuG Beraterinnen und Berater
  • Auswertung erfolgt über das NLQ

Workshopmethoden

  • Geeignet für Kollegien, Teilkollegien und Abteilungen bis etwa 30 Lehrkräfte/ Landesbedienstete
  • Qualitative, nicht standardisierte Erhebungsmethode mit hoher Zielorientierung und schnellem Erkenntnisgewinn
     

Im Folgenden sind die sechs verschiedenen Betrachtungsbereiche, die im Rahmen einer Beurteilung der Arbeitsbedingungen psychischer Faktoren in den Blick genommen werden, aufgezeigt. Detailliertere Informationen zu dem einzelnen Betrachtungsbereichen finden Sie in der Liste unter Links und Quellen. 

Soziale Beziehungen

Wichtige Aspekte der Beurteilung und Gestaltung des Betrachtungsbereichs Soziale Beziehungen ist unter anderem die Unterstützungsqualität zwischen den Kollegen und zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden.

Arbeitsmittel

Bei der Beurteilung und Gestaltung des Betrachtungsbereichs Arbeitsmittel wird unter anderem die Verfügbarkeit, Angemessenheit oder auch Bedienbarkeit von Arbeitsmitteln in den Blick genommen. 

Arbeitsorganisation

Bei der Beurteilung und Gestaltung des Betrachtungsbereichs Arbeitsorganisation wird unter anderem die arbeitsbezogene Kommunikation und Kooperation sowie Zuständigkeitsregelungen in den Blick genommen.

Arbeitsinhalte /-aufgaben

In dem Betrachtungsfeld Arbeitsinhalt /-aufgabe wird zum Beispiel die emotionale Inanspruchnahme bei der Arbeit oder auch die Passung der Qualifikation der Beschäftigten zu den Arbeitsaufgaben in den Blick genommen.

Arbeitsumgebung

Wichtige Aspekte der Beurteilung und Gestaltung der Arbeitsumgebung sind unter anderem die akustische Qualität der Räume oder auch die Beleuchtungsqualität.

Arbeitszeit

Wichtige Aspekte bei der Beurteilung der Arbeitszeit sind unter anderem die Erreichbarkeits- und Ruhezeiten oder auch Möglichkeit der Einhaltung von Erholungszeiten. 

Frau Sonntag möchte gerne mit ihrem Kollegium einmal auf die eigenen Arbeitsbedingungen schauen, weil sie gemerkt hat, dass die KollegInnen erschöpft und frustriert sind. Nach Beratung mit ihrer Personalvertretung und ihrer Arbeitspsychologin entscheidet sie sich für die Durchführung eines Workshops dazu. Auf einer Dienstbesprechung informiert sie das Kollegium darüber, dass auf der nächsten SchiLF einmal Zeit dafür ist, in Ruhe darauf zu schauen, wo die aktuellen Bausteine liegen und gemeinsam Lösungsansätze abzuleiten.
Am SchiLF-Tag informiert die Arbeitspsychologin die Kolleginnen über die Hintergründe zur Gefährdungsbeurteilung und den Ablauf des Workshops. Mittels Moderationskarten wird gesammelt, was gerade gut und was nicht so gut läuft. Die Moderationskarten werden in Gruppen geclustert und anschließend im Plenum zusammengetragen. Moderiert durch die Arbeitspsychologin priorisieren alle Teilnehmenden die Problembereiche und legen damit fest, zu welchen Themen direkt weitergearbeitet wird. Im Falle von Frau Sonntags Kollegium waren die meist bepunkteten Bereiche ständige Erreichbarkeit und Vertretungsunterricht. Es bilden sich Gruppen, die sich jeweils einem Problem annehmen und in der folgenden Arbeitsphase unterstützt durch die Arbeitspsychologin eine Sammlung an Ideen zur Reduzierung des Problems oder Abschwächung seiner Auswirkungen erstellen. Eine Gruppe erarbeitet konkrete Regeln zur Erreichbarkeit, die dann als Elternbrief an die Elternschaft ausgegeben wird, um Anrufe zu Unzeiten und hohe Erwartungen von Eltern einzudämmen. Sie entwerfen außerdem einen Kodex, der festlegt über welche Kanäle und zu welchen Zeiten schulintern kommuniziert wird. Die andere Gruppe erarbeitet klare Regeln über die Verfügbarkeit von Materialien und Inhalten für den Vertretungsunterricht. 
Die Gruppen stellen Ihre Ergebnisse zum Ende der SchiLF vor und das Kollegium verständigt sich darauf, wo die Prioritäten in der Weiterarbeit liegen sollen, denn nicht alle Ideen können gleichzeitig umgesetzt werden. Erste einfach umzusetzende Ideen werden aber von der Schulleitung direkt nach der SchiLF in Angriff genommen.