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Umgang mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus dem ukrainischen Kriegsgebiet

Auf die niedersächsischen Schulen wird eine große Aufgabe bei der Aufnahme von den aus dem ukrainischen Kriegsgebiet geflüchteten Kindern und Jugendlichen zukommen. Sowohl auf der logistisch-organisatorischen Ebene als auch auf der psychosozialen Ebene bei der Aufnahme von Geflüchteten sind die Schulen sehr gefordert. Die bereits seit 2015 gemachten Erfahrungen können als Orientierung genutzt werden.

Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Punkte aus der Schulpsychologie kurz zusammengefasst zu der Fragestellung, was Schulen beachten sollten, wenn Schülerinnen und Schüler aus dem ukrainischen Kriegsgebiet aufgenommen werden:

Kinder und Jugendliche, die aktuell aus der Ukraine fliehen müssen, werden mit einer Vielzahl von Belastungserfahrungen in den Schulklassen ankommen, die sich von Fall zu Fall sehr stark unterscheiden: Tod naher Angehöriger bzw. Unklarheit darüber, ob diese noch leben, Ungewissheit, wo sie wohnen können oder die Frage nach dem weiteren Schicksal ihres Heimatlandes sind nur einige Beispiele für stark belastende Erlebnisse, die unter Umständen zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung führen können. Doch längst nicht alle geflüchteten Kinder und Jugendliche sind traumatisiert. Selbst wenn die Erlebnisse auf der Flucht weniger belastend sind, stellen allein die Erfahrung von Entwurzelung von der Heimat und der Kulturschock, in einem fremden Land zu sein, dessen Sprache man nicht versteht, eine enorme Herausforderung dar. In diesem Kontext ist der Schulbesuch dieser Kinder und Jugendlichen ein enorm wichtiges, stützendes Element, das im günstigen Fall durch die routinierten, strukturierten Abläufe einen Erlebnisraum von Sicherheit und Stabilität bieten kann. Den betroffenen Schülerinnen und Schülern trotz der Sprachbarriere dieses Erlebnis zu ermöglichen, ist eine wichtige Aufgabe der Lehrkräfte. In diesem Zuge kann die Schulpsychologie an den Schulen vor Ort durch die regional zuständigen Schulpsychologischen Dezernentinnen und Dezernenten beratende Unterstützung bieten. Dabei kann direkt die zuständige Schulpsychologische Dezernentin bzw. der Schulpsychologische Dezernent per E-Mail oder Telefon kontaktiert werden. Für die Geflohenen wie auch für alle anderen Schülerinnen und Schüler ist es jederzeit möglich, dass bei auftretenden Verhaltensauffälligkeiten in der Schule die schulpsychologische Beratung sowohl von Schulen als auch von den Erziehungsberechtigten angefordert wird. Bei vermuteten Anzeichen einer Traumatisierung einer Schülerin oder eines Schülers ist in jedem Fall eine schulpsychologische Beratung sinnvoll und notwendig. Die weiterführende Diagnostik und Behandlung können nur durch approbierte Psychologinnen und Psychologen bzw. Psychiaterinnen und Psychiatern erfolgen. Bei der Vermittlung der professionellen Hilfen steht die Schulpsychologie unterstützend zur Seite. Kontaktieren Sie in diesen Fällen die zuständige Schulpsychologische Dezernentin bzw. den zuständigen schulpsychologischen Dezernenten.

Willkommenskultur in der Schule

In einem neuen Land, einer neuen Klasse anzukommen, braucht erst einmal viel Zeit zur Orientierung. Dabei ist eine wertschätzende, offene Stimmung grundsätzlich immer hilfreich! Wenn es Lehrkräften und der Klassengemeinschaft gelingt, den geflüchteten Kindern und Jugendlichen das Gefühl zu vermitteln, dass sie willkommen sind, und sie Schule als sicheren Ort erleben können, ist schon eine der wichtigsten Grundlagen geschaffen. Dafür ist eine planmäßige, vorhersehbare Routine mit möglichst konstanten Bezugspersonen hilfreich. In den ersten Wochen nach dem Ankommen sollte der Fokus hauptsächlich auf der sozialen Integration und Aufnahme der betroffenen Schülerinnen und Schüler in die Klassengemeinschaft liegen.

Allgemeine Hinweise zum Umgang mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Schule

  • Zusammengehörigkeit und Klassengemeinschaft fördern
  • Lernen durch Gleichaltrige, bspw. durch Patenschaften oder Lern-Buddies
  • Lernerfolge ermöglichen, auch im Kleinen: Es muss und darf weitergehen im Leben - Schule als heilsame Normalität.
  • Keine überbehütende Behandlung, aber eine sensible Behandlung:
    • Sensibilisiert sein für mögliche kulturelle Missverständnisse
    • Mitgefühl, nicht Mitleid: Mitleid erzeugt zwei Leidende, Mitgefühl hilft
    • Interesse am Kind bzw. Jugendlichen und ihrem/seinem Leben bekunden
    • Wertschätzung, Herstellen von Erfolgserlebnissen
  • Vorsicht: bestimmte Unterrichtsthemen (z. B. Krieg, Gewalt) könnten traumatische Erlebnisse „triggern“. In diesen Fällen wäre ein sensibler und behutsamer Umgang ratsam, bspw. sollte auf das Zeigen von entsprechenden Bildern verzichtet werden.
  • Spracherwerb fördern, ggf. mit Unterstützung der Sprachbildungszentren (https://www.rlsb.de/organisation/dezernate/sprachbildungszentren)
  • bei anhaltenden Auffälligkeiten oder Veränderungen Gespräch mit dem Kind/ Jugendlichen und deren Eltern suchen
  • bei Bedarf Einbeziehung von Schulpsychologinnen und Schulpsychologen
  • Verweis auf externe Hilfsmöglichkeiten, z. B. NTFN (www.ntfn.de)
  • Bei Bedarf Zusammenarbeit mit Therapeutinnen und Therapeuten
    • Hinweis: Eine Traumatherapie gehört dezidiert nicht in die Schule! Selbst ohne traumapädagogische Kenntnisse kann durch die Schaffung eines sichereren Ortes in Schule den Ankommenden schon viel geholfen werden.